Wenn Schultern oder Becken nicht mehr auf einer Linie stehen, steckt dahinter manchmal mehr als eine reine Haltungsfrage. Eine Skoliose verändert die natürliche Form der Wirbelsäule: Sie krümmt sich seitlich und dreht sich zugleich um ihre Achse. Diese Fehlstellung kann das Gleichgewicht des Rückens, die Atmung und die Beweglichkeit beeinflussen. Je nach Verlauf und Stärke der Verkrümmung unterscheidet man verschiedene Formen von Skoliose, die sich in ihren Ursachen und therapeutischen Ansätzen deutlich unterscheiden. Eine genaue Diagnostik ist entscheidend, um die passende Behandlung zu wählen und die Wirbelsäule wieder zu stabilisieren.

Verbogene Balance: Was im Rücken bei einer Skoliose geschieht
Bei einer Skoliose verliert die Wirbelsäule ihre natürliche Ausrichtung. Betrachtet man den Rücken von hinten, verläuft sie nicht mehr gerade, sondern weicht seitlich aus. Gleichzeitig drehen sich die Wirbelkörper um ihre eigene Achse.
Diese Veränderung kann das Gleichgewicht des gesamten Rückens beeinträchtigen, da sich dadurch auch Rippen, Muskeln und Bänder verschieben können. Auf einer Seite treten Rippen und Schulterblatt stärker hervor, während die andere Seite eingesunken erscheint.
Die dreidimensionale Verformung verändert die Belastungslinien im Rücken: Manche Abschnitte tragen mehr Gewicht, andere verlieren an Stabilität. So kann die Beweglichkeit eingeschränkt sein oder ein Gefühl von Ungleichgewicht entstehen – selbst wenn noch keine Schmerzen auftreten. Skoliose betrifft also nicht nur die äußere Form, sondern auch das komplexe Zusammenspiel der Strukturen, die den Rücken aufrecht und beweglich halten.
Welche Symptome hat Skoliose?
Die Beschwerden, die die Wirbelsäulendegeneration mit sich bringt, können sehr unterschiedlich ausfallen – je nach Ausprägung, betroffener Wirbelsäulenregion und Alter der betroffenen Person. Manche Veränderungen fallen zunächst kaum auf, andere zeigen sich deutlich im Körperbild oder im Bewegungsverhalten.
Typische äußere Anzeichen einer Skoliose sind:
- eine ungleiche Schulterhöhe oder ein hervortretendes Schulterblatt
- ein schiefer Beckenkamm oder ein scheinbar „verkürztes Bein“
- eine Asymmetrie des Brustkorbs, besonders sichtbar beim Vorbeugen
- eine verschobene Körpermitte, sodass der Oberkörper nicht genau über dem Becken steht
Neben den sichtbaren Veränderungen können sich auch körperliche Beschwerden entwickeln:
- Muskelverspannungen im Rücken oder Nacken
- einseitige Schmerzen, die durch Fehlbelastung entstehen
- ein Gefühl von eingeschränkter Beweglichkeit oder Instabilität
- schnellere Ermüdung bei längerem Stehen oder Sitzen
In ausgeprägten Fällen kann eine Skoliose den Brustkorb verformen und dadurch die Atmung oder Herz-Kreislauf-Funktion beeinflussen.
Welche Ursachen hat Skoliose?
Die Ursachen der Wirbelsäulenverkrümmung sind vielfältig und hängen stark davon ab, ob es sich um eine angeborene oder eine im Laufe des Lebens erworbene Fehlstellung handelt. Hier kommen mögliche Einflussfaktoren im Überblick:
Dies ist die häufigste Form. Sie entsteht ohne erkennbare Grunderkrankung. Vermutlich spielen genetische Faktoren, hormonelle Einflüsse und ein gestörtes Wachstumsgleichgewicht der Muskulatur und Wirbelkörper eine Rolle.
Diese Form entsteht bereits während der Schwangerschaft. Durch unvollständig oder asymmetrisch angelegte Wirbelkörper entwickelt sich im Wachstum eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule.
Erkrankungen des Nervensystems wie Zerebralparese, Muskeldystrophie oder Spina bifida können die Muskelsteuerung beeinträchtigen. Wenn bestimmte Muskelgruppen geschwächt sind, entsteht ein Ungleichgewicht, das die Wirbelsäule in eine seitliche Krümmung zwingt.
Im Erwachsenenalter kann sich die Wirbelsäule durch Abnutzungsprozesse verändern. Verschleiß der Bandscheiben, Arthrose oder Osteoporose führen dazu, dass die Wirbel ihre Stabilität verlieren und sich die Achse allmählich verschiebt.
Bei dieser Form reagiert die Wirbelsäule auf eine äußere Fehlbelastung, ohne dass sie selbst krankhaft verändert ist. Typische Auslöser sind eine Beinlängendifferenz, ein schief stehendes Becken oder muskuläre Dysbalancen. Um die Dysbalance auszugleichen, neigt sich der Rücken zur Seite. Die Krümmung entsteht also als kompensatorische Haltung. Sobald die Ursache erkannt und behandelt wird, kann sich die Wirbelsäule meist wieder vollständig aufrichten.
Welche Formen von Skoliose gibt es?
Die Verkrümmung kann an unterschiedlichen Abschnitten der Wirbelsäule auftreten und sich in ihrer Stärke deutlich unterscheiden. Entscheidend ist, wo das Rückgrat seitlich abweicht und wie stark es sich verdreht.
Bei der thorakalen Skoliose liegt die seitliche Krümmung im Bereich der Brustwirbelsäule, also etwa zwischen dem siebten Hals- und dem zwölften Brustwirbel. Diese Form zählt zu den häufigsten Skoliosetypen und betrifft den Abschnitt, an dem die Rippen mit der Wirbelsäule verbunden sind.
Durch die Drehung der Wirbelkörper kommt es zu einer Verdrehung des Brustkorbs: Auf einer Seite wölben sich die Rippen stärker nach außen, während sie auf der anderen Seite einsinken. Diese Asymmetrie zeigt sich häufig als sog. Rippenbuckel, der beim Vorbeugen deutlich sichtbar wird.
Viele Betroffene bemerken anfangs nur eine ungleiche Schulterhöhe oder einen verschobenen Schultergürtel. Mit der Zeit können Verspannungen, einseitige Rückenschmerzen oder ein Gefühl eingeschränkter Atmung hinzukommen, da sich die Bewegung des Brustkorbs beim Ein- und Ausatmen verändert.
Diese Form der Skoliose betrifft den Übergangsbereich zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule – also den Abschnitt, in dem der relativ starre Brustkorb in den beweglicheren unteren Rücken übergeht. Diese Region ist besonders anfällig für Fehlstellungen, da hier zwei sehr unterschiedliche Bewegungszonen der Wirbelsäule aufeinandertreffen.
Die Krümmung verläuft meist schräg über den unteren Brust- und oberen Lendenbereich, wodurch sich die Achse des Oberkörpers deutlich verschieben kann. Typisch sind eine sichtbare Rumpfneigung, eine asymmetrische Taille und ein schief stehendes Becken. Bei vielen Betroffenen zeigt sich außerdem eine einseitige Rippen- oder Lendenwölbung, die beim Bücken deutlich hervortritt.
Durch die Drehung der Wirbelkörper können Rückenmuskeln ungleichmäßig belastet werden. Verspannungen und einseitige Schmerzen im unteren Rücken sind daher häufig. Bei ausgeprägten Krümmungen verändert sich zudem die Körperstatik, was zu einer stärkeren Beanspruchung der Lendenwirbelsäule führen kann.
Sie verändert den unteren Abschnitt der Wirbelsäule, also den Bereich der Lendenwirbel. Diese Region trägt einen großen Teil des Körpergewichts und ist stark an alltäglichen Bewegungen wie Bücken, Drehen und Aufrichten beteiligt. Eine Fehlstellung in diesem Bereich kann daher schnell die gesamte Körperhaltung beeinflussen.
Typisch ist eine seitliche Krümmung der Lendenwirbelsäule, bei der sich das Becken sichtbar schiefstellt. Häufig steht eine Hüfte höher als die andere, was das Gangbild verändert und zu einer Asymmetrie der Taille führt. Viele Betroffene bemerken, dass Kleidung auf einer Seite anders fällt.
Die Muskulatur im unteren Rücken reagiert auf diese Fehlstellung oft mit Verspannungen oder einseitigen Schmerzen, da sie versucht, die Schieflage auszugleichen. Wird die Krümmung stärker, kann sich auch die Belastung der Bandscheiben und kleinen Wirbelgelenke verändern. Die Folge sind oft chronische Rückenschmerzen oder frühzeitige Verschleißerscheinungen.
Hierbei zeigt die Wirbelsäule zwei entgegengesetzte Krümmungen – meist eine im Brust- und eine im Lendenbereich. Diese Form entsteht häufig, weil der Körper versucht, das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Eine zweite Krümmung bildet sich, um die durch die erste verursachte Schieflage auszugleichen.
Äußerlich wirkt die Haltung dadurch oft symmetrischer, obwohl die Wirbelsäule deutlich verformt ist. Typische Anzeichen sind eine ungleich hohe Schulter- und Beckenposition, eine schmalere Taille auf einer Seite oder ein verlagerter Rumpfmittelpunkt, der beim Stehen oder Gehen auffällt.
Beim Vorbeugen wird die doppelte Krümmung besonders sichtbar – die Rippen wölben sich auf einer Seite stärker hervor, während sich im unteren Rücken eine gegenläufige Vertiefung zeigt.
Durch die Kombination beider Bögen verteilt sich die Belastung auf mehrere Wirbelsäulenabschnitte, was langfristig Verspannungen, Rückenschmerzen und eine eingeschränkte Beweglichkeit verursachen kann.
Formen von Skoliose: linksgekrümmt oder rechtsgekrümmt
Neben der Einteilung nach betroffenen Wirbelsäulenabschnitten unterscheiden sich die Formen von Skoliose auch in der Richtung der Krümmung – also danach, zu welcher Seite sich der Scheitelpunkt der Verformung neigt.
- Skoliose mit Krümmung nach rechts (konvex rechts)
Bei dieser Variante drehen sich die Wirbelkörper nach rechts. Dadurch wölben sich die Rippen auf der rechten Seite nach hinten und außen – es entsteht der typische Rippenbuckel. Gleichzeitig dreht sich die linke Brustkorbhälfte nach innen, was die Atembewegung auf dieser Seite einschränken kann. - Linksgekrümmte (konvex links) Skoliose:
Hier passiert das Gegenteil: Die Wirbelkörper rotieren nach links und die linke Rippenhälfte wölbt sich nach hinten. Die rechte Seite dreht zudem nach innen. Dadurch wirkt die rechte Brustkorbhälfte flacher und die Atembewegung rechts kann eingeschränkt sein.
Die Richtung der Krümmung ist für die Therapie entscheidend, weil sie vorgibt, welche Körperseite gedehnt und welche gekräftigt werden muss. Bei einer rechtskonvexen Skoliose liegt die Verkürzung und muskuläre Spannung auf der rechten (konvexen) Seite, während die linke (konkave) Seite abgeschwächt ist. Die Behandlung zielt daher darauf, die rechte Rumpfmuskulatur zu dehnen und zu entspannen, während die linke Seite aktiv gekräftigt und stabilisiert wird. Bei einer linkskonvexen Skoliose verhält es sich entsprechend spiegelbildlich.
Eine präzise Analyse durch bildgebende Verfahren und Haltungsdiagnostik hilft, diese individuellen Unterschiede genau zu erfassen. So lassen sich die Behandlungsmöglichkeiten an die jeweilige Krümmungsrichtung anpassen.
Schweregrade von Skoliose: Verschiedene Formen im Überblick
Die Wirbelsäulenverkrümmung wird in unterschiedliche Schweregrade eingeteilt – je nachdem, wie stark die Wirbelsäule seitlich gekrümmt und verdreht ist. Entscheidend für diese Einteilung ist der sog. Cobb-Winkel, der auf einer Röntgenaufnahme gemessen wird. Er beschreibt den Winkel zwischen den am stärksten geneigten Wirbeln einer Krümmung und dient als Maß für die Ausprägung der Verformung. Die Schweregrade im Überblick:
Die Krümmung ist gering und oft nur bei genauer Betrachtung sichtbar. Viele Betroffene haben keine Beschwerden. Physiotherapie, Trainingstherapie und regelmäßige Kontrollen reichen in der Regel aus, um die Haltung zu stabilisieren.
Die Fehlstellung ist deutlicher erkennbar, Schultern und Becken können sichtbar schief stehen. Häufig treten Rückenschmerzen oder muskuläre Verspannungen auf. Neben physiotherapeutischen Maßnahmen kann ein Korsett notwendig werden, um ein Fortschreiten zu verhindern – besonders während des Wachstums.
In diesem Stadium ist die Verkrümmung deutlich ausgeprägt. Sie kann nicht nur die Körperhaltung verändern, sondern auch die Funktion von Lunge, Herz und inneren Organen beeinflussen. Eine operative Korrektur kann notwendig sein, wenn konservative Therapien die Stabilität nicht mehr sichern.
Je früher eine Skoliose erkannt wird, desto besser lässt sich ihr Verlauf beeinflussen. Besonders im Kindes- und Jugendalter, wenn die Wirbelsäule noch wächst, sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen entscheidend, um rechtzeitig gegenzusteuern und Folgebeschwerden bestmöglich zu vermeiden.
Therapie verschiedener Formen von Skoliose bei Dr. Tabrizi in Frankfurt
Eine Skoliose lässt sich nur mit einer sorgfältigen Diagnostik und viel Erfahrung zuverlässig beurteilen. In unserer Privatpraxis für Orthopädie & Traumatologie in Frankfurt sind wir dafür die richtigen Ansprechpartner. Wir analysieren Ihre Haltung sowie Beweglichkeit und messen den Krümmungswinkel z. B. mithilfe bildgebender Verfahren und der körperlichen Untersuchung. So können wir das Ausmaß der Fehlstellung genau einschätzen.
Die anschließende Behandlung richtet sich individuell nach Ursache und Schweregrad. Sie kann Physiotherapie, Haltungsschulung, Muskelaufbau, Korsetttherapie oder in schweren Fällen auch einen operativen Eingriff umfassen. So entsteht ein Therapieplan, der die Wirbelsäule stabilisiert und Beschwerden nachhaltig lindert.
Wir nehmen uns Zeit, hören zu und finden gemeinsam mit Ihnen den besten Weg, Ihre Wirbelsäule wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
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